Warum sollten Unternehmer Sportler/innen einstellen, auch wenn der Lebenslauf nicht so gerade ist?
Laut Umfragen ist die Hälfte der ArbeitnehmerInnen unzufrieden. Als Gründe werden oft mangelnde Führungsqualitäten der Vorgesetzten angegeben. Die Folge: Die Motivation der MitarbeiterInnen sinkt und damit die Produktivität. Zudem wird es schwieriger, gute MitarbeiterInnen zu halten, insbesondere wenn jene aufgrund des Fachkräftemangels ausreichend Alternativen finden. Die Zukunft eines Unternehmens hängt stark von der Qualität seiner Führungskräfte ab.
Die Rekrutierung geeigneter Führungskräfte gewinnt aus besagtem Grund zunehmend an Bedeutung. Um auf eingangs gestellte Frage zurückzukommen: Warum könnte es sich lohnen, bei der Suche nach guten Führungskräften sich mit ehemaligen SpitzensportlerInnen zu beschäftigen?
Zunächst einmal gibt es viele positive Beispiele von ehemaligen SpitzensportlerInnen, die zu erfolgreichen Führungskräften bzw. UnternehmerInnen wurden. Eine davon ist Dr. Jana Leidenfrost. Sie ist mehrfache DDR-Meisterin im Skilanglauf und gründete 2010 ihr eigenes Unternehmen. Ein weiteres Beispiel ist Mag. Andreas Sachs, Extremsportler und Weltrekordhalter mit anschließender Karriere im Management.
Welche Eigenschaften machen ehemalige SpitzensportlerInnen zu guten Führungskräften?
Um diese Frage zu beantworten, muss man erst einmal klären, was eine gute Führungskraft ausmacht. Die Aufgabe einer Führungskraft ist es, das Team so zu führen, dass es gute Leistungen erbringt. Früher war die Führungskraft größtenteils männlich und entschied als Vorgesetzter wer welche Arbeit zu erledigen hatte. Die Organisation war streng hierarchisch.
Ganz anders sieht es bei Start-ups aus. In dem scheinbaren Durcheinander wo sich vom Gründer bis zum Praktikanten alle treffen ist die klassische Hierarchie aufgehoben. Dazu kommen die Wünsche der Generation Y (geboren 1980-1995), die konsequent mehr Mitsprache bei der Gestaltung der Arbeit einfordern, um Beruf, Familie und Freizeit besser unter einen Hut zu bringen.
Statt Vorgesetzte sind jetzt fähige Führungskräfte gefragt.
Nur, was macht eine gute Führungskraft aus?
Gute Führungskräfte erkennt man daran, dass sie erkannte Fehler eingestehen, korrigieren und in ihrem Verantwortungsbereich eine gesunde Fehlerkultur entwickeln und Vorbild sind in Sachen Disziplin.Außerdem weisen sie eine große Flexibilität in ihren Handlungsmöglichkeiten auf.
Alles Fähigkeiten, die für Spitzensportler selbst verständlich sind.
SpitzensportlerInnen haben zudem erfahren, wie wichtig mentale Stärke ist, um sich ungeachtet der Wettkampfbedingungen an der oberen Leistungsgrenze zu bewegen und dauerhaft Selbstbewusstsein aufzubauen. Ist genug Selbstbewusstsein und der Glaube an die eigene Leistungsfähigkeit aufgebaut, geht alles wie von selbst. Es bilden sich Metakompetenzen, sprich Kompetenzen, die wissensunabhängig sind. Dazu gehören die Fähigkeit zur Problemlösung, zum vorausschauenden Denken und Handeln, zum Erkennen von Fehlern und dem Entdecken von Handlungskonsequenzen. Ebenso gehören dazu eine große Flexibilität im eigenen Handeln, Frustrationstoleranz, Konzentrationsfähigkeit und das Einfühlen in andere.
Sie wissen, dass jeder Mensch erfolgreich sein und anerkannt werden möchte. Niemand möchte von Grunde auf scheitern.
Und die wenigsten SpitzensportlerInnen sind EinzelkämpferInnen. Viele haben als Mannschaft, als Team gewonnen. Hier haben sie erfahren, dass Teamgeist und Zusammenhalt ausschlaggebend sind für den Erfolg der Mannschaft. Ohne die anderen läuft nichts, gleichzeitig kommt es auf jedes einzelne Teammitglied an.
Dabei ist der Umgang der einzelnen Teammitglieder untereinander, insbesondere der Umgang und die Wertschätzung gegenüber Ersatzspielern und nicht Nominierten, von großer Bedeutung. Sobald auf Mannschaftsmitglieder herabgesehen wird und sie ungleich behandelt werden, kann die Mannschaft sehr schnell auseinander fallen. Der Trainer als Führungskraft lebt diese Wertschätzung vor. Ebenso entwickelt er im Team eine positive und konstruktive Kritikkultur, in der sich jeder traut, konstruktive Kritik zu üben und seine Ideen einzubringen.
Fazit: Es gibt gute Gründe sich bei der Suche nach geeigneten Führungskräften bei ehemaligen Spitzensportlern umzuschauen.
Literaturverzeichnis
Leidenfrost, Jana/Andreas Sachs: Natürlich mehr leisten!: Von Sportlern lernen – als Führungskraft erfolgreich sein, gesund bleiben, Springer-Verlag, 01.07.2013.
Meier, Marco: Praxistipps für erfolgreiche Teamarbeit: Handlungsempfehlungen aus dem Sport für Unternehmen und Organisationen, Springer-Verlag, 09.10.2019.
Minar, Egon: Praxistipps für Nachwuchs-Führungskräfte: Ratschläge eines Top-Managers, Springer-Verlag, 17.05.2024.
Rohleder, Bernhard: Geleitwort von Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer Bitkom, in: Führungspraxis für Ingenieure und IT-Experten, Springer, 08.2015, [online] doi:10.1007/978-3-658-43517-2, S. VII–VIII.
Zimmermann, Wolfgang: Umbuch in der Chefetage, Haufe, 2016.